Die Thyssenkrupp Steering AG begegnet geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen mit Innovationskraft, Agilität und strategischer Weitsicht. Der Standort Eschen spielt eine Schlüssel rolle für die technologische Zukunft der Automobilbranche.
Herr Vith, die Thyssenkrupp Presta AG ist weltweit tätig und zählt zu den bedeutendsten Industrieunternehmen in Liechtenstein. Welche Bedeutung hat der Standort Liechtenstein für das Unternehmen?
Eschen ist das Headquarter unserer Business Unit «Steering» im Segment «Automotive Technology» der Thyssenkrupp AG und steuert ein globales Netzwerk mit rund 10 000 Mitarbeitenden an 24 Standorten. Neben Hightech-Produktion und zentralen Verwaltungsfunktionen befinden sich hier unser Entwicklungszentrum und unsere Gesamtprojektsteuerung sowie die Grundlagenentwicklung – der Motor unserer Innovationen. Liechtenstein überzeugt durch hochqualifizierte Fachkräfte, kurze Entscheidungswege und ein stabiles politisches Umfeld.
Die globale Wirtschaft wird aktuell kräftig durch politische und ökonomische Umwälzungen durchgeschüttelt. Wie gehen Sie mit diesen Umwälzungen um?
Geopolitische Spannungen, unklare Zollpolitik und die schwächelnde Konjunktur wirken sich auch auf unsere Branche aus. Zudem verlieren im grössten Automobilmarkt China etablierte Hersteller Marktanteile an lokale Anbieter. Auf die Bedürfnisse dieser neuen Kunden müssen wir uns einstellen. Unser Fokus liegt auf Kostenmanagement, Verkürzung der Entwicklungszeiten, klarer Priorisierung und Performancesicherung. Gleichzeitig wollen wir technologische Entwicklungen früh erkennen und aktiv mitgestalten, um auch künftig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die Automobilbranche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel – von der Elektrifizierung bis zum autonomen Fahren. Wohin führt die technologische Reise?
Die Trends gehen Richtung Elektromobilität und autonomes Fahren, wenn auch zeitverzögert. Vielversprechend ist «Steer-by-Wire»: ein Lenksystem ohne mechanische Verbindung, das neue Fahrzeugkonzepte ermöglicht. Mit unserem ersten Serienauftrag in diesem Bereich haben wir einen wichtigen Meilenstein erreicht und unsere Technologieführerschaft untermauert.
Wie positioniert sich die Thyssenkrupp Presta AG in dem sich verändernden Umfeld?
Wir bauen auf technologische Exzellenz, höchste Qualität und Innovationskraft. Unsere Strategie: die besten Lenksysteme für Sicherheit, Komfort und Effizienz. Gleichzeitig optimieren wir unsere Kostenstruktur, um auch in einem herausfordernden Umfeld wirtschaftlich führend zu bleiben.
Innovation ist zentral für Ihre Branche – wie fördern Sie Innovationsgeist und Agilität?
Innovation beginnt bei den Menschen. Wir setzen auf interdisziplinäre Teams, flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege. Eine offene Fehlerkultur, gezielte Weiterbildung und Partnerschaften mit Hochschulen fördern Kreativität. Ein Beispiel: unser E/E Competence Center in Budapest. Aus drei Doktoranden wurde ein internationales Entwicklungszentrum für Hard- und Software – mit Technologien wie «Steer-by-Wire» oder Systemen für autonomes Fahren. Die enge Vernetzung mit Standorten wie Eschen ermöglicht globales Lernen. Agile Methoden und digitale Testverfahren beschleunigen Entwicklungen und sichern höchste Qualität.
Was sind aus Ihrer Sicht die grössten Herausforderungen für den Industriestandort Liechtenstein und welche Rahmenbedingungen braucht es, um auch künftig wettbewerbsfähig zu bleiben?
Liechtenstein bietet starke Standortvorteile: Stabilität, Fachkräfte, unternehmensfreundliche Strukturen. Doch Herausforderungen wie die starke Währung, geopolitische Risiken und der strukturelle Wandel in der Automobilbranche wachsen. Am Standort Eschen setzen wir auf Effizienz und Kostenoptimierung. Damit der Standort zukunftsfähig bleibt, braucht es wirtschaftliche Offenheit, Investitionen in Bildung und Infrastruktur sowie enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Bildung.