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UNTERNEHMERTAG

Bestseller-Autor Rolf Dobelli ist bekannt für seine Ratgeber-Bücher.

«Von schlechten Vorbildern lernt man mehr»

Bestseller-Autor Rolf Dobelli ist bekannt für seine Ratgeber-Bücher. In der Corona-Pandemie hat er bewusst auf eine Meinung verzichtet. Er rät Chefs, ehrlich zu sein – zu anderen und vor allem auch zu sich selbst.

Interview: Patrick Stahl

Herr Dobelli, Ihre Ratgeber «Die Kunst des klaren Denkens» oder «Die Kunst des klaren Handelns» sind Bestseller geworden. Welche Ihrer Ratschläge haben Ihnen in der Corona-Pandemie am meisten geholfen?

Unser Hirn ist ein Meinungsvulkan. Dieser Vulkan spuckt Meinungen zu allen möglichen Themen aus, selbst wenn wir nichts von den Themen verstehen. Das hat man besonders gut während der Corona-Zeit gesehen. Fast jeder hatte eine Meinung, was die Regierung hätte tun oder lassen sollen. Jeder hatte das Gefühl, mehr von der Pandemie zu verstehen als die Epidemiologen, Virologen oder die zuständigen Minister. Ich verzichtete bewusst auf eine Meinung. Das gab mir Seelenruhe. Der legendäre Investor Warren Buffett hat auf seinem Schreibtisch ein Ablagefach stehen, das mit «Zu schwierig» angeschrieben ist. Dort landen alle Geschäftsberichte und Investment-Ideen, zu denen er kein höheres Wissen als die anderen Investoren besitzt. Also verschwendet er keine Denkzeit daran. Corona landete in meinem persönlichen «Zu schwierig»-Fach.

 

Zahlreiche Unternehmen haben ihre Mitarbeitende quasi über Nacht ins Homeoffice geschickt. Wie gut kann Führung via Zoom-Call funktionieren? 

Meine beschränkte Erfahrung zeigt: Zoom funktioniert hervorragend bei langjährigen Mitarbeitern, dort wo die Beziehung eingeschliffen ist. Zoom ist viel schwieriger bei neuen Mitarbeitern, die die Unternehmenskultur noch nicht kennen und die subtilen individuellen Zeichen der Kommunikation – Gesten, «Elefanten im Raum», Taboos, bestimmte Phrasen – noch nicht deuten können.

 

Die Pandemie hat die Lebens- und Arbeitswelt der Menschen auf den Kopf gestellt. Wie haben Sie persönlich diese Zeit erlebt?

In meiner Hauptbeschäftigung bin ich Kurator von WORLD.MINDS. Wir haben unsere Aktivitäten kurzum auf virtuellen Betrieb umgestellt. WORLD.MINDS ist eine internationale Community von Wissenschaftlern, Denkern, Unternehmern, Wirtschaftsführern und Kulturschaffenden. Wir hatten Glück. Das virtuelle Format erwies sich als höchst attraktiv, und wir haben das erfolgreichste Jahr hinter uns.

 

Sie waren selbst lange Jahre in Führungspositionen tätig, bevor Sie den Verlag getabstract gründeten und anschliessend hauptberuflich Schriftsteller wurden. Was macht Ihrer Ansicht nach gute Führung aus?

Die Schriftstellerei ist mein Nebenjob. In der Hauptsache führe ich wie erwähnt WORLD.MINDS – und ich würde mich nicht als überragende Führungsperson bezeichnen. Führung ist unheimlich schwierig. Und hängt stark von der Persönlichkeit ab. Es gibt dutzend Arten, gut zu führen, tausend, schlecht zu führen und eine Million, solala zu führen. Die meisten Führungskräfte fallen in die solala-Kategorie. Dazu gehöre ich auch.

 

Warum scheitern trotzdem viele Chefs daran, ihre Mitarbeiter zu motivieren?

Oft hängt es nicht an den Chefs, sondern an den Produkten oder Dienstleistungen, die diese Unternehmen verkaufen. Wenn Sie ein Mist-Produkt haben, wie wollen Sie dann Ihre Mitarbeiter motivieren – ausser mit Geld?

 

Was ist wichtiger für eine gute Führung: Die Persönlichkeit des Chefs oder die Struktur der Organisation?

Das hängt von der Aufgabe ab. Wenn Sie eine Armee führen, brauchen Sie eine solide Struktur. Wenn Sie eine Werbeagentur gründen, brauchen Sie vor allem eine sprühende Persönlichkeit.

 

Welche Ratschläge haben Sie für Chefs parat?

Seien sie ehrlich. Und am schwierigsten ist es, ehrlich mit sich selbst zu sein.

 

Welche Rolle spielen die Mitarbeitende in diesem Rollenverhältnis bzw. was können Mitarbeitende dazu beitragen, dass ihr Chef besser wird?

Handeln Sie möglichst selbständig. Dann müssen Sie die Führungs-Energie Ihres Chefs nicht strapazieren.

 

Was sind Ihrer Ansicht nach Vorbilder für gute Chefs?

Von schlechten Vorbildern lernt man mehr als von guten. In anderen Worten: Wie Nicht-führen, ist wichtiger zu wissen, als wie gut zu führen. Sammeln Sie Negativ-Vorbilder. Das ist übrigens auch der Grund weshalb die Zehn Gebote in der Bibel negativ formuliert sind. Tue das nicht, handle so nicht. Wenn Sie das Negative ausschliessen, landen Sie automatisch im grünen Bereich.

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