UNTERNEHMERTAG
«Ich war schon immer eine unternehmerische Persönlichkeit»
Bereits mit 16 Jahren begann Giada Ilardo ihr Tattoo- und Piercing-Unternehmen aufzubauen. Mittlerweile hat sie sich in der Branche etabliert und ihr Geschäftsfeld um ein Luxus-Piercinglabel erweitert. Am Unternehmertag am 25. Oktober spricht Giada Ilardo über Höhen und Tiefen ihrer Karriere.
Interview: Cornelia Lehner
Frau Ilardo, Sie haben im Alter von 16 Jahren angefangen, ihr eigenes Tattoo- und Piercing-Unternehmen aufzubauen. Was hat Sie damals motiviert, bei der Stange zu bleiben und mit den Herausforderungen umzugehen?
Giada Ilardo: Die Vision, einen Ort zu schaffen, an dem sich Menschen jeder Herkunft und jedes Geschlechts, vor allem aber Frauen, wohl und verstanden fühlen, wenn sie ein Tattoo oder Piercing bekommen wollen. Ein Ort, an dem jeder sich akzeptiert fühlt, sich selbst zu lieben und seiner Persönlichkeit Ausdruck zu verleihen.
Wenn Sie zurückblicken: Welchen Ratschlag würden Sie Ihrem 16-jährigen Ich geben beziehungsweise was würden Sie heute anders machen?
Ich würde ihr sagen, dass sie nichts falsch machen wird, auch wenn sie oft das Gefühl haben wird, es sei so. Sie soll ihre Gelassenheit und Freude beibehalten und ich würde ihr raten, noch schneller und mutiger zu sein, ohne jeglichen Zweifel.
Wie hat Ihre Familie darauf reagiert, dass Sie die Schule aufgaben und sich voll der Körperkunst verschrieben?
Meine Familie hatte keine genaue Vorstellung davon, was ich vorhatte, aber sie vertrauten mir. Ich war schon immer eine unternehmerische Persönlichkeit mit einem starken Drang zu kreieren und einer unheimlichen Neugierde, alles zu hinterfragen. Das grösste Geschenk meiner Familie war, mich zu akzeptieren, wie ich bin und nicht ändern zu wollen. Dies half mir, ich selbst zu sein und meiner Passion zu folgen, auch wenn sie nicht den Normen entsprach.
Warum haben Sie sich genau für die Piercing- und Tattoobranche entschieden?
Weil diese Kunstform unentdeckt und hinter verschlossener Tür praktiziert wurde und ihr Potential noch immer unterschätzt wird. Kunst sowie Fashionbrands versuchen sich immer wieder mit Tattoo- oder Piercing-Schmuck zu «verjüngen», doch es fehlt ihnen an fundierter Expertise. Wir schaffen genau das und kommen unseren Kunden so nahe wie niemand anderes.
Wie meinen Sie das?
Unser Modell ist weit mehr als nur Tattoos und Piercings zu stechen. Wir bringen auch eine hohe Servicequalität und eine grosse soziale und fachliche Kompetenz mit, um unseren Kunden das benötigte Wohlfühlambiente zu bieten. Wir haben die Wahrnehmung von Tattoos und Piercings neu geprägt und es geschafft, ein einst verruchtes Image in einen ästhetischen und anspruchsvollen Kontext zu transformieren.
Welche Menschen trifft man in ihren Geschäften?
Unsere Kundschaft ist so vielfältig wie unsere Kunst – sie reicht von Kindern, die ihr erstes Ohrloch erhalten, bis hin zu älteren Herren, die Spezialanfertigungen für ihre Frauen bei uns in Auftrag geben.
Zwischenzeitlich betrieben Sie Standorte in Zürich, Basel, Luzern und Winterthur, momentan konzentrieren Sie sich ganz auf den Standort Zürich. Gibt es dennoch weitere Expansionspläne?
Die kleineren Städte haben wir mittlerweile konsolidiert und konzentrieren uns auf den Raum Zürich. Der Plan ist, mit der Marke «Giada Ilardo» international zu expandieren. Wir sind gerade in den ersten Gesprächen darüber.
Ende November 2021 haben Sie mit der Marke «Giada Ilardo» ein eigenes Luxus-Piercing-Label mit Sitz in der Bahnhofstrasse in Zürich eröffnet. Ihr Fazit bisher?
Eine kühne und herausragende Entscheidung! Einmal mehr konnten wir einen bedeutenden Erfolg verzeichnen und unsere Position im Markt erfolgreich festigen. Mit unserer neuen Marke haben wir etwas Einzigartiges auf weltweiter Ebene geschaffen – eine Boutique für Körperkunst, offen für jedermann, jedoch mit einem besonderen Augenmerk auf die Bedürfnisse und Wünsche von Frauen.
Welchen Herausforderungen steht Ihre Branche derzeit gegenüber?
Ich erhoffe mir intensivere Regulierungen, vor allem in Bezug auf Ausbildung und Know-how.
Wieso ist das Ihrer Meinung nach notwendig?
Leider sind immer noch viele Unternehmen in unserer Branche im illegalen Raum tätig, und ich strebe danach, dass wir alle gemeinsam seriöse Standards und Praktiken verfolgen. Die Branche hat das verdient, und der Erfolg von uns allen ist abhängig davon, ob wir diese Kunstform weiterhin als vernachlässigbare Nische betrachten oder ob wir uns als seriöse Künstler und Unternehmen etablieren wollen.
Neben Ihren Tätigkeiten als Geschäftsführerin setzen Sie sich auch für die Unterstützung von Unternehmerinnen ein. Wieso ist Ihnen das ein Anliegen?
Weil ich selbst genau diese Unterstützung sehr vermisst und dringend benötigt hätte. Es ist ein wertvolles Geschenk, von den Erfahrungen jemandes zu lernen, der bereits mehrfach solche Wege beschritten hat. Es gibt kleine Details und grosse Fehler, die man vermeiden oder aus denen man lernen kann. Sollten wir nicht alle bereit sein, zu geben und zu teilen? Ich habe meinen Weg gefunden und unterstütze nun andere Unternehmer dabei, ebenfalls ihren Weg zu finden und sich erfolgreich zu positionieren, besonders wenn es um persönliche Herausforderungen und Kämpfe geht.
Was raten Sie Frauen, die Familie und eigenes Unternehmen unter einen Hut bekommen wollen?
Es ist möglich – vergesst alles, was ihr zu wissen glaubt, über wie es eigentlich sein «sollte». Seit ich Mutter geworden bin, habe ich meinen Zeitplan und meine Arbeitsstunden unzählige Male angepasst, um alles unter einen Hut zu bekommen. Ich wollte mich im Leben nie entscheiden müssen zwischen dies oder das; ich möchte alles. Ich möchte das Leben in vollen Zügen geniessen und auskosten, dazu gehören sowohl Unternehmen als auch Familie.
Wie gelingt Ihnen das?
Wir Menschen sind unglaublich anpassungsfähig. Wenn wir unsere Flexibilität bewahren und uns nicht starr an vorgegebenen Vorstellungen oder gesellschaftlichen Normen orientieren, können wir Geschäft, Familie und mehr vereinen. Es kommt darauf an, welches Mindset man pflegt und lebt. Niemand sagt, es sei einfach, aber wer sagt, es soll einfach sein? Es sollte vor allem Spass machen und ein erfülltes und gelebtes Leben ermöglichen.
Sie werden am Unternehmertag 2023 einen Talk mit Tobias Müller halten. Über welches Thema werden Sie sprechen?
Über meinen Weg als Unternehmerin, die Hürden dabei und wie ich mein Unternehmen durch Krisen und Umstrukturierungen weiterhin erfolgreich positionieren konnte.