UNTERNEHMERTAG
Bildlegende: Wachstum und Innovation durch Digitalisierung: Wirtschaftsminister Daniel Risch.
«Ständige Innovation hat
Wachstum zur Folge»
Liechtensteins Wirtschaftsminister Daniel Risch hält die Begrüssungsansprache am Unternehmertag. Er ist überzeugt, dass Wachstum und Innovation eine Symbiose bilden. Interview: Patrick Stahl
Herr Risch, der diesjährige Unternehmertag widmet sich dem Spannungsfeld zwischen Wachstum und Innovation. Wie kann die Liechtensteiner Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder wachsen?
Als Wirtschaftsminister beschäftige ich mich beinahe täglich sowohl mit Wachstum als auch mit Innovation am Standort Liechtenstein. Und gerade die Beschlüsse der Regierung oder des Landtages haben diesbezüglich einen grossen Einfluss. Deshalb muss bei Entscheiden darauf geachtet werden, dass sie die gute Grundlage für Wachstum und Innovation nicht nur nicht behindern, sondern weiter stärken. Ähnlich ist dies auch in den Zeiten der Corona-Pandemie zu sehen. Es war wichtig und richtig, dass Regierung sowie Landtag schnell gehandelt und entsprechende Massnahmen zur Stützung der Wirtschaft beschlossen haben. Es ist mir als Wirtschaftsminister ein grosses Anliegen, dass der Wirtschaft in dieser schwierigen Zeit die notwendige Unterstützung geboten werden kann, sodass das für das weitere Wachstum notwendige und durch die Krise stark in Mitleidenschaft gezogene Fundament der Wirtschaft nachhaltig stabilisiert werden kann. Aufbauend auf dieser Basis muss es der Wirtschaft gelingen, sich aus eigener Kraft und durch ständige Innovation weiterzuentwickeln und dadurch nachhaltig zu wachsen. Dabei sehe ich bei den Themen Wachstum und Innovation weniger ein Spannungsfeld, sondern vielmehr eine Symbiose – denn ständige Innovation hat nachhaltiges Wachstum zur Folge.
Kleinstaaten wie Liechtenstein sind besonders stark auf ein grössenverträgliches Wachstum angewiesen. Wie lässt sich Wachstum überhaupt intelligent steuern?
Eine der vordringlichen Aufgaben des Staates ist es, gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen, zu erhalten und zu stärken. Das Wachstum selbst lässt sich aber in einer freien Marktwirtschaft kaum steuern. Steuern müssen wir jedoch insofern, als darauf geachtet werden muss, dass das Wachstum keine nachhaltig negativen Auswirkungen auf die Bevölkerung oder die Landschaft bzw. den Raum hat. Dort sind wir als Staat gefordert.
Zahlreiche Unternehmen in Liechtenstein sind darauf angewiesen, ihr Wachstum an natürliche Begrenzungen wie den Fachkräftemangel oder beschränktes Bauland anzupassen. Was kann der Staat unternehmen, um die Firmen dabei zu unterstützen?
Im Bereich des Fachkräftemangels stehen für mich an erster Stelle Massnahmen, um das sehr hohe Ausbildungsniveau sowie das bewährte Ausbildungssystem zu stärken und gleichzeitig in der Weiterbildung Akzente zu setzen. Gerade die MINT-Fächer werden in Zusammenarbeit mit dem pepperMINT deutlich gestärkt, um auch in den technischen Berufen Nachwuchskräfte hervorzubringen. Und mit den Digitalschecks, die wir im letzten Jahr lanciert haben, wird explizit auch der Kompetenzaufbau der Mitarbeitenden im Bereich der Digitalisierung gefördert. Selbstverständlich soll Liechtenstein aber auch für Fachkräfte aus dem Ausland ein anziehender Wirtschaftsund Lebensraum sein. Wir stehen im Wettbewerb um Fachkräfte aber nicht alleine da, weshalb es wichtig ist, regionale Lösungen mit unseren Nachbarn für den gesamten Wirtschaftsraum Alpenrheintal zu finden. Denn in vielen Bereichen – wie zum Beispiel bei den Arbeitskräften, der Weiterbildung oder in der Forschung – sind wir aufgrund unserer kleinen Grösse auf eine gute Zusammenarbeit und gute nachbarschaftliche Beziehungen angewiesen.
Inwiefern bietet die Digitalisierung neue Möglichkeiten für intelligentes Wachstum?
Die Digitalisierung bietet unzählige Möglichkeiten für Wachstum und Innovation, was in verschiedenen Branchen schon zu deutlichen Umbrüchen geführt hat. Oder weiss heute noch jemand, wo die nächste Videothek zu finden ist? Vermutlich nicht, da es heute praktisch keine Videotheken mehr gibt. Dies ist eine direkte Folge der Digitalisierung, die man so in den 1990er Jahren kaum vorhersehen konnte. Das zeigt aber auch, dass es schwierig ist, vorherzugsagen, wo die Wachstumschancen sind und wo allenfalls Risiken lauern. Diesbezüglich kennt jedes Unternehmen seine Branche und sein Geschäftsfeld am besten und muss für sich analysieren, in welchen Bereichen Innovationen notwendig sind. Und gerade auch hier – bei Digitalisierungsstrategien und massnahmen – kann der vorhin erwähnte Digitalscheck helfen.
Der Ökonom Mathias Binswanger vertritt die These, dass unser Wirtschaftssystem auf Wachstum angewiesen ist, um das System am Laufen zu halten. Teilen Sie diese Ansicht?
In vielen Bereichen mag dies stimmen, zum Beispiel bei jenen Sozialversicherungen, die auf Umlageverfahren basieren. Auch organisches Wachstum muss so erfolgen, dass es gesellschaftlich akzeptiert wird. Die wachsende Wirtschaft verstärkt jedoch auch die Herausforderungen in der Mobilität – und hier ist dann das Wachstum der Wirtschaft wiederum auf ein entsprechendes Verkehrs und Mobilitätssystem angewiesen.