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UNTERNEHMERTAG

«Viele grosse Entscheidungen unseres Lebens bedürfen keiner grossen Recherche»

Mikael Krogerus und Roman Tschäppeler sind die Autoren des Bestsellers «50 Erfolgsmodelle». Sie erklären in Worten und Zeichnungen, warum uns Entscheidungen so schwerfallen, und was wir tun können, um sie doch zu treffen.

Euer Sachbuch «50 Erfolgsmodelle» ist ein internationaler Bestseller geworden. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, ein Handbuch für Entscheidungen zu schreiben?

Es begann damit, dass uns auffiel, dass wir unsere Entscheidungen oft hinterfragen – sogenannte Second Guesser. Wir fragten uns, was die Wissenschaft eigentlich dazu sagt. Und das Ergebnis war dann das Buch «The Decision Book». Der englische Titel beschreibt das Thema sehr genau. Wir haben das Buch primär für uns selbst geschrieben, aber andere haben offensichtlich auch Schwierigkeiten mit dem Entscheiden, denn es hat sich weit über eine Million Mal verkauft.

Könnt ihr ein Beispiel nennen?

Die aktuelle Wirtschaftslage ist – wie so häufig – von einer grossen Unsicherheit geprägt. Als besonders prägend erweisen sich dabei die sogenannten unknown, unknowns, auch «Black Swans» genannt. Das sind die Dinge, von denen wir nicht wissen, dass wir sie nicht wissen, also Ereignisse oder Entwicklungen, mit denen wir nicht gerechnet haben, weil wir nicht wussten, dass es sie geben kann. Unknown unknowns ist kein Modell im engeren Sinne, es ist eine Absage an das Ursache-Wirkungs-Prinzip. Und es ist eine warnende Erinnerung daran, dass wir uns am stärksten an jene Säulen klammern, die wir wanken sehen.

Welche Modelle sind besonders nützlich für Menschen, die in Führungspositionen arbeiten?

Vorab die schlechte Nachricht: Es gibt keine Universallösungen, die Gefahr liegt eher darin, dass man versucht, die Wirklichkeit einem Modell anzupassen. Aber hier ist ein Gedanke für Führungskräfte, der uns sehr gefällt. Er stammt von dem Arbeitspsychologen Bob Sutton: Gute Chefs erkennt man daran, dass sie wissen, wie es sich anfühlt, für sie zu arbeiten. Es ist ein kurzer Satz, über den es sich lohnt, nachzudenken. Denn es ist absolut zentral für Führungskräfte, sich ihrer Wirkung auf andere bewusst zu sein. Dass mag banal klingen, aber eine ganze Batterie sozialpsychologischer Studien dokumentiert, dass wir uns stärker auf uns selbst konzentrieren und uns weniger für andere interessieren, je mächtiger wir werden.

Welches Modell aus eurem Buch wendet ihr persönlich am häufigsten an?

Das Gummiband-Modell: Immer, wenn Sie sich nicht entscheiden können, fragen Sie sich: Was hält mich? Was zieht mich? Die Methode scheint auf den ersten Blick eine simple Variante des einfachen Abwägens «Was spricht dafür, was dagegen?». Der Unterschied: Die Fragen «Was hält mich / Was zieht mich?» sind positiv formuliert und entsprechen damit einer Situation, in der beide Alternativen reizvoll sein können.

Wie seht Ihr generell die Entscheidungsfindung in einer zunehmend komplexen Welt?

Der Mensch neigt dazu, möglichst viel Daten zu konsultieren. Das Problem: Je mehr wir wissen, je mehr Informationen wir haben, desto unsicherer werden wir. Wir nennen es das «Too-much-Information-Paradox». Natürlich sind mehr Daten wichtig, aber in der Rückschau würden wir sagen: Viele grosse Entscheidungen unseres Lebens bedurften keiner grossen Recherche.

Ihr habt eine ganze Serie von Ratgebern herausgegeben. Wieso treibt euch das Thema um?

Uns interessiert eigentlich alles, über das wir wenig wissen oder das wir nicht verstehen. Wir schreiben die Bücher also wirklich primär für uns selbst: Wir möchten gern verstehen, warum wir vieles falsch machen, und wir mögen einfache, anwendbare und zeitlose Lektionen.

Wie sieht denn euer Schreibprozess aus – wie teilt ihr die Arbeit untereinander auf?

Wir haben eine grobe Aufteilung: Mikael schreibt primär, Roman zeichnet. Und dann liest und meckert Roman, und Mikael schaut sich die Bilder an und findet oft neue Ideen. Wir ergänzen uns generell gut.

Arbeitet ihr derzeit an neuen Projekten?

Gerade ist unser neues Buch «Faustregeln» erschienen. Es gibt ja Naturgesetze – Schwerkraft zum Beispiel –, und dann gibt es menschliche Gesetze, die sich nicht wissenschaftlich belegen lassen und doch eindeutig wahr sind. Das Ketchup-Gesetz etwa – «Erst kommt lange nichts, dann plötzlich zu viel» – ist natürlich kein Naturgesetz, und doch hat jeder und jede das schon so erlebt. Oder das Peter-Prinzip, das erklärt, warum unsere Vorgesetzten Idioten sind, oder Parkinson’s Law, das formuliert, dass Sitzungen immer mindestens so lange dauern, wie wir Zeit dafür veranschlagen. Diese Gesetze wirken humoristisch, sind aber eigentlich Faustregeln, die uns helfen, Situationen schneller zu erfassen und uns selber und andere besser zu verstehen. Oder eben auch: um grosszügiger zu entscheiden.

In euren Vorträgen zeichnet ihr Skizzen auf eine Kreidewand. Wie kam es dazu?

Wir haben uns im Jahr 2000 im Studium in Dänemark kennengelernt, Roman verstand anfangs kein Dänisch und hat immer bloss die Zeichnungen und Diagramme der Dozentinnen und Dozenten abgezeichnet. Und dann dachten wir plötzlich: Diese Zeichnungen, das sind eigentlich so eine Art Universalsprache, die alle nachvollziehen können.

Interview: Patrick Stahl

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